Warum starb Refat Süleyman?
Konzerne wie Thyssenkrupp heuern Leiharbeiter an, um massiv Kosten zu sparen. Lohnraub, die Missachtung von Sicherheitsbestimmungen und katastrophale Arbeitsunfälle sind die drastische Konsequenz dieser Strategie. Warum der tragische Tod des Leiharbeiters Refat Süleyman kein Einzelfall ist.
Еs ist spätnachmittags am Freitag, den 14. Oktober: Eine Gruppe von Menschen versammelt sich um einen kleinen Kaffeetisch in einer Wohnung im Zentrum von Duisburg-Bruckhausen. Am Abend reicht der Berg an Schuhen, der sich vor dem Eingang der Wohnung anhäuft, bis zur Holztreppe, weil immer mehr unangemeldete Besucherinnen und Besucher eintreffen. Alle stellen die gleiche Frage: »Wo bleibt Refat?«
Vor einigen Stunden, am selben Tag, war der 26-jährige Refat Süleyman, ein bulgarischer Leiharbeiter türkischer Abstammung, auf dem Gelände des Thyssenkrupp-Stahlwerks in Bruckhausen verschwunden. Es war die dritte Woche, in der Refat als Aushilfs-Industriereiniger für das Oberhausener Subunternehmen Eleman GmbH arbeitete, und erst sein dritter Tag im Stahlwerk.
Refat, der mit acht anderen Kollegen die 5-Uhr-Schicht übernahm, wurde an jenem Freitagmorgen zur Buchen GmbH versetzt, einem der anderen Subunternehmen für Reinigungsarbeiten auf dem Gelände. Ihm wurde gemeinsam mit einem Vorarbeiter und einem Fahrer ein Auftrag im Bereich des Tores 4 zugewiesen. Diese zwei Menschen waren die letzten, die Refat lebend gesehen haben, bevor er gegen 9:20 Uhr mit einem Firmenfahrzeug in die Pause geschickt wurde. Er kehrte nie zurück.
Einige Stunden später starteten Thyssenkrupp und die Duisburger Polizei eine groß angelegte Such- und Rettungsaktion auf dem 10 Kilometer großen Gelände des Stahlwerks. 16 Suchhunde, 56 Mitarbeitende, eine Drohne, ein Hubschrauber und mehrere Wärmebildkameras wurden eingesetzt. Aus Sicht der Familie war die offizielle Suche eher eine Alibimaßnahme seitens der Behörden und der Werksleitung. Videoaufnahmen, die während der angeblich intensiven Suche nach Refat entstanden und einige Tage später veröffentlicht wurden, zeigen Mitglieder des Suchteams beim Kaffeetrinken und Plaudern. In der Zwischenzeit ging die Werksleitung ihren Geschäften nach, als wäre nichts gewesen. Sie weigerte sich, die Produktion einzustellen, während Sicherheitskräfte den Familienangehörigen mit Strafen drohten, sollten sie das Firmengelände betreten.
»Fragt man sie nach Refats Tod, beharren die Beschäftigten darauf, dass es pro Jahr zehn bis fünfzehn solcher Fälle gibt, die das Unternehmen unter den Teppich kehrt.«
Doch Refats Familie und Freunde gaben nicht auf. Sie organisierten ihre eigene Suche entlang der Fabrikzäune und der angrenzenden Grünflächen, während seine Arbeitskollegen die gewohnten Arbeitsstätten nach ihm absuchten. Drei Tage später wurde seine Leiche von einem bulgarischen Kollegen gefunden. Er hatten ein Stück von Refats weißer Schutzkleidung in einem teilweise entleerten Schlackebecken entdeckt. Das von Betonwänden umgebene Becken enthält giftige Abfälle wie Schlacke, Schlamm und andere Nebenprodukte der Stahlproduktion und befindet sich in einer geschützten Sicherheitszone, die von dem Subunternehmen Buchen betrieben wird. Es wird außerdem von einem nur wenige Meter entfernten Thyssenkrupp-Bürogebäude direkt überwacht.
Was wird verheimlicht?
Laut Aussagen der Polizei ergab die Obduktion wenige Tage später, dass Erstickung die primäre Todesursache war. Doch seitdem stellen die schleppende Polizeiarbeit und zunehmenden Ungereimtheiten in dem Fall die Geduld von Refats Freunden und Verwandten sowie der bulgarischen Gemeinschaft in Duisburg auf die Probe. Seine Kollegen und ihre Familien verweisen darauf, dass bei Thyssenkrupp die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht gewährleistet wurde und die Subunternehmen, die die Industriereinigung dominieren, grundlegende Arbeitsrechte verweigern würden. Sie fragen, warum Refat an seinem dritten Arbeitstag in einen Hochrisikobereich geschickt wurde. Die gesetzlich erforderlichen Trainings und medizinischen Untersuchungen wurden bei ihm nicht durchgeführt.
Die Polizei behauptet, Refat sei versehentlich ins Becken gefallen. Ungeklärt ist aber, warum er beim Reinigen des Schlackebeckens alleine vor Ort war, denn laut Vorgabe der Betriebs müssen die Angestellten immer zu zweit arbeiten. Außerdem ist eine konstante Aufsicht des Beckens vorgesehen. Wenn Refats Leiche drei Tage lang in dem Becken lag, warum waren dann nur sein Gesicht und Oberkörper von der dicken, nicht zu entfernenden schwarzen Schlackeschicht bedeckt, wie auf einem nicht veröffentlichten Foto des Leichnams zu sehen ist?
Da die polizeilichen Ermittlungen in den Augen der türkisch-bulgarischen Gemeinschaft insgesamt unzureichend ausfielen und weitere Beweise wie Videoaufnahmen und Zeugenaussagen von Mitarbeitern zurückgehalten wurden, wird nun viel darüber spekuliert, was wirklich mit Refat geschehen sein könnte. Einige glauben, dass er aus Rache von einem Buchen-Vorarbeiter getötet wurde, da Refat einige Tage zuvor in einen Streit zwischen Kollegen eingegriffen hatte. Andere beschuldigen den Eleman-Aufseher, der Refat gegen seinen Willen Buchen zugewiesen hatte. Familienangehörige weisen solche Mutmaßungen zurück und hegen wiederum den Verdacht, dass Refat unbeabsichtigt Zeuge illegaler Aktivitäten anderer Reinigungsfirmen geworden war und deshalb umgebracht wurde.
»Die Nische des Arbeitsmarkts, in die Duisburgs Arbeitsmigranten gedrängt werden, wird fast vollständig von Subunternehmern dominiert.«
Diejenigen, die mit tödlichen Arbeitsunfällen in der Region besser vertraut sind, befürchten jedoch, dass ein weiterer Todesfall aufgrund von Verstößen gegen den Arbeitsschutz vertuscht wurde. Denn obwohl die Ermittlungen zu Refats Tod noch andauern, besteht kein Zweifel daran, dass die schlechten Arbeitsbedingungen, die in deutschen Subunternehmen üblich sind, Unfälle und Missbrauch ermöglichen und sogar begünstigen.
Überausbeutung nach Plan
Refat war einer von rund 1 Million Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern in Deutschland, die die Hälfte aller Beschäftigten in der Reinigungsbranche ausmachen. Letztere ist das dynamischste Segment des Dienstleistungssektors und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 18 Milliarden Euro. Inzwischen hat sich das Outsourcing von Reinigungsdiensten zu einem weit verbreiteten Mechanismus entwickelt, mit dem große Unternehmen Lohnkosten senken, Arbeitern ihre Verhandlungsmacht nehmen und tarifliche Bestimmungen wie Mindestlöhne und Sicherheitsstandards unterlaufen.
Die Nische des Arbeitsmarkts, in die Duisburgs Arbeitsmigranten gedrängt werden, wird fast vollständig von Subunternehmern dominiert, sei es in der Reinigung, bei Lieferdiensten, auf dem Bau oder in der Produktion. Thyssenkrupp ist ein typisches Beispiel dafür: Nachdem das Unternehmen mehrere Fehlinvestitionen getätigt hatte und die Nachfrage stagnierte, verfolgte Thyssenkrupp eine rücksichtslose Strategie der Kostensenkung. Im Zuge dessen wurden Produktion und Arbeitsorganisation grundlegend umstrukturiert. Heute vergibt ein ausuferndes System von Tochtergesellschaften gering qualifizierte Arbeiten wie die Reinigung an große externe Dienstleister, während Leiharbeitsfirmen wie Eleman oder Randstad – die größte in Europa – für einen Dauerstrom an billigen, flexiblen Arbeitskräfte sorgen, die je nach Bedarf in die Produktionskette eingegliedert und kurz darauf wieder rausgeworfen werden können.
»Viele bezeichnen ihren Job als Sklavenarbeit.«
Derzeit sind bei Thyssenkrupp in Bruckhausen etwa zwanzig Reinigungsunternehmen mit Tausenden von Arbeitskräften an der Industriereinigung beteiligt. Die Hälfte aller Reinigungskräfte (etwa 13.000) arbeitet unter Zeitverträgen, die sie in Bezug auf Löhne, Jobsicherheit und Arbeitsschutz stark benachteiligen. Der Großteil der Belegschaft sind bulgarische Migranten, gefolgt von Rumänen und Asylbewerbern. Viele bezeichnen ihren Job als »robski trud« – Sklavenarbeit.
Agenturen wie Eleman und der Oberhausener Personalservice (OPS), die Refat beschäftigten, sind bei den Arbeitsmigranten in Duisburger Stadtteilen wie Marxloh und Bruckhausen dafür berüchtigt, Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften nicht einzuhalten. Sie beschweren sich darüber, dass die Risiken, die mit ihrer Arbeit verbunden sind, nicht richtig erläutert werden, während Sicherheitstrainings selten stattfinden und unzugänglich sind, da sie nur auf Deutsch angeboten werden. Statt regelmäßigen Trainings werden sie direkt an die Arbeit geschickt, was dazu führt, dass es selbst bei der Ausführung von Routineaufgaben vermehrt zu Unfällen kommt.
Salim, der nicht mit seinem echten Namen genannt werden möchte, ist seit weniger als zwei Monaten bei Eleman beschäftigt, muss aber regelmäßig gefährliche Arbeiten ausführen. Oft muss er ohne Schutzseile auf eine 9 Meter hohe Leiter klettern, um die Schornsteininnenwände zu reinigen, oder bei 150 Grad ohne Schutzkleidung Metallsplitter aufsaugen – Aufgaben, für die er nie geschult wurde.
Fragt man sie nach Refats Tod, beharren die Beschäftigten darauf, dass es pro Jahr zehn bis fünfzehn solcher Fälle gibt, die das Unternehmen unter den Teppich kehrt. Zu den häufigsten Unfällen gehören schwere Verbrennungen durch Schlacke und heiße Metalle, die sich Arbeiter bei der Reinigung der Hochöfen zuziehen, beinahe tödliche Stürze bei der Reinigung hoher Kräne ohne Schutzseile und der Verlust von Gliedmaßen bei der Wartung von Turbinen. Die Arbeiter behaupten, dass die meisten Unfälle nicht an Thyssenkrupp gemeldet werden. Betroffene werden oft mit den Folgen des Unfalls allein gelassen und davon abgehalten, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Wenn sie sich weigern, gefährliche Arbeiten zu übernehmen, wird ihnen mit einer Entlassung gedroht.
Abgesehen von der mangelnden Arbeitssicherheit bedeutet ihr Status als Leiharbeiter auch, dass sie kaum Möglichkeiten haben, ihre Rechte einzufordern. Auf dem Papier verdienen die Eleman-Beschäftigten zwar den Mindestlohn, doch eine Reihe von rechtswidrigen Abzügen seitens der Arbeitgeber – wie 80 Euro für Schutzkleidung oder 1,50 Euro pro Tag für Transport – führen dazu, dass die Beschäftigten einen viel geringeren Nettolohn von etwa 8 Euro erhalten. Das zwingt viele dazu, lange Arbeitszeiten und ständig wechselnde Arbeitszeiten hinzunehmen.
Überstunden sind ein weiteres Werkzeug der Überausbeutung. Oft werden die Überstunden von den Arbeitgebern zu niedrig beziffert oder ihre Auszahlung wird schlichtweg verweigert, sobald Beschäftigte versuchen, ihre Rechte einzufordern. »Ich habe einen Monat lang ohne Pause gearbeitet, ich wurde für 80 Stunden bezahlt und der Rest wurde als Überstunden berechnet. Als ich die Bezahlung verlangte, wurden meine Überstunden um die Hälfte gekürzt«, sagt der 41-jährige Petjo (Name geändert), der Eleman vor ein paar Monaten verlassen hat.
Leiharbeiter wie Refat und Petjo unterzeichnen in der Regel Einjahresverträge mit einer sechsmonatigen Probezeit, innerhalb derer sie grundlos entlassen werden können. Um Vorschriften zur Lohnangleichung zwischen Leiharbeitern und Festangestellten und deren Überführung in unbefristete Verträge zu unterlaufen, werden alle paar Monate neue Reinigungskräfte eingestellt oder zwischen den beiden Tochtergesellschaften hin- und hergeschoben. Außerdem verweigern beide Arbeitgeber – unter Verstoß gegen das deutsche Arbeitsrecht – die Zahlung von Krankengeld. Die meisten Arbeiter berichten auch, dass ihnen bezahlter Urlaub vorenthalten wird.
Die Beschäftigten von OPS, Eleman und anderen Subunternehmen in Duisburg blicken eher verzweifelt auf ihre Lage: »Für uns gibt es keine sicheren Arbeitsplätze – es besteht immer ein Risiko. Auf einer Baustelle oder bei der stressigen Paketauslieferung ist man nicht sicher. Nur Bürojobs sind sicher, aber zu denen haben wir keinen Zugang«, sagt Metin (Name geändert), ein 22-jähriger Arbeiter, der überlegt, zu kündigen.
Es reicht
Der Tod von Refat Süleyman im vergangenen Monat war für viele scheinbar ein Kipppunkt, denn in den letzten Wochen sind aus der türkisch-bulgarischen Gemeinschaft in Duisburg eine Reihe von Protestaktionen hervorgegangen. Am 23. Oktober demonstrierten türkische Bulgarinnen und Bulgaren zusammen mit ihren Roma-Kollegen und Rumäninnen und Rumänen vor den Toren des Thyssenkrupp-Geländes in Bruckhausen. Sie forderten »adalet« – Gerechtigkeit – nicht nur für Refat, sondern auch für die Tausenden Angehörigen ethnischer Minderheiten aus Osteuropa, die in ganz Deutschland in der Leiharbeit tätig sind.
Wenige Tage nach der Demonstration startete die in Marxloh ansässige Initiative für bulgarische Wanderarbeiter, »Stolipinovo in Europa«, eine Petition, die die konsequente Untersuchung von Refats Tod und ein Ende des Subunternehmertums in der Industriereinigung fordert. Dort heißt es: »Wie das bisherige Ausbleiben von Konsequenzen von dem Tod von Refat Süleyman zeigt, führt der Einsatz von Subunternehmen mit ihren undurchsichtigen Vertragspraxen in der Reinigungsbranche zu einem intransparenten Geflecht von Akteuren. Sie umschiffen Fragen der Arbeitssicherheit und vermeiden effektiv die Haftung und Verantwortungsübernahme für Unfälle und Todesfälle.« Der aktuelle Fall eines um sein Leben kämpfenden Thyssenkrupp-Arbeiters, der im Warmbandwerk 1 während Reparaturarbeiten von einer Tragevorrichtung in einen Ofen gedrückt wurde, unterstreicht noch einmal die Dringlichkeit dieser Forderungen.
»In den letzten dreißig Jahren haben arbeitsintensive Wirtschaftssektoren in Westeuropa massiv vom Import billiger Arbeitskräfte aus Osteuropa profitiert.«
Bisher wurden die Forderungen der Beschäftigten vom DGB, von der Partei DIE LINKE und autonomen lokalen Kollektiven unterstützt, die die Ausbeutungsstrukturen anerkennen, die die Lage von vielen osteuropäischen Migrantinnen und Migranten in Deutschland bestimmen. Dazu knüpft der Kampf der Industriereiniger bei Thyssenkrupp an die jüngsten Kampagnen in der Pflege-, Bau- und Fleischindustrie an, die den Einsatz von Leiharbeit als ein systemisches Problem begreifen, das Arbeitsstandards untergräbt, Arbeitnehmer ihrer formalen Rechte beraubt und die Arbeitssicherheit stark beeinträchtigt. Die vom DGB geförderte Initiative »Faire Mobilität«, die sich für die Rechte von Wanderarbeitern einsetzt, hat außerdem festgestellt, dass Arbeitmigranten durch lange Subunternehmerketten daran gehindert werden, sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren.
Die jüngsten Mobilisierungen in Duisburg lenken die Aufmerksamkeit auf die Situation von einer Gruppe von Migranten, deren Kämpfe von der breiten Öffentlichkeit oft nicht wahrgenommen werden. In den letzten dreißig Jahren haben arbeitsintensive Wirtschaftssektoren in Westeuropa massiv vom Import billiger Arbeitskräfte aus Osteuropa profitiert. Jahrzehntelange Privatisierungen und Deregulierungen haben in ihren Heimatländern zu großen Arbeitsplatzverlusten geführt.
In Bulgarien tragen die Roma und die türkische Minderheit die Hauptlast dieser neoliberalen Reformen. Sie sind nach wie vor mit Arbeitslosigkeit und schlechter Gesundheitsversorgung konfrontiert und oft von grundlegenden Rechten und öffentlicher Infrastruktur ausgeschlossen. Jüngste Daten zeigen, dass die Beschäftigungsquote unter türkisch- und romastämmigen Männern (65 beziehungsweise 51 Prozent) im Vergleich zu ihren bulgarischen Kollegen (76 Prozent) deutlich niedriger ist. Außerdem haben 66 Prozent aller Bürger im erwerbsfähigen Alter in Refats Heimatviertel Stolipinowo keine Krankenversicherung.
Stolipinowo ist ein mehrheitlich von Roma- und türkischstämmigen Minderheiten bewohnter Stadtteil im bulgarischen Plowdiw. Die dortigen Anwohner sind rassistischer Diskriminierung und sozialer Stigmatisierung ausgesetzt. Die meisten Bulgaren in Duisburg kommen aus Stadtvierteln, die Stolipinowo sehr ähnlich sind. Viele machen sich auf den Weg nach Westeuropa in der Hoffnung nach einem würdigeren Leben und einer besseren Zukunft für ihre Kinder, finden sich aber nach ihrer Ankunft bald in einer ähnlichen Lage wieder.
In Deutschland hat die politische Panikmache rund um die so genannte »Armutsmigration« zu zahlreichen gesetzlichen Maßnahmen geführt, die den Zugang von Arbeitsmigranten zu sozialen Rechten beschneiden und gleichzeitig Kommunen wie Duisburg dazu ermutigen, eine Fülle von »Abschreckungs«-Maßnahmen gegen unerwünschte Migranten zu ergreifen. Diese beinhalten oft unüberwindbare Hürden bei der Beantragung von Arbeitslosengeld, konstante Kontrollen durch Polizei und Ordnungsamt sowie massenhafte Zwangsräumungen. Im Ergebnis bedeutet das vor allem, dass diese Migranten in noch unsichereren Jobs landen und weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden.
Wie in den meisten Branchen liegt der gewerkschaftliche Organisationsgrad unter osteuropäischen Leiharbeitern in der Industriereinigung in Deutschland praktisch bei null. Die fehlende gewerkschaftliche Vertretung dieser Beschäftigten sorgt dafür, dass sie von ihren regulär beschäftigen Kollegen abgespalten werden und ermöglicht es den Arbeitgebern, sie als Bürger zweiter Klasse zu behandeln. Jetzt, da Refat Süleymans Kollegen in Duisburg begonnen haben, sich zu wehren, liegt es an den großen Gewerkschaften wie der IG Metall und der IG BAU, ihren Kampf zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass er nicht umsonst gestorben ist.
Von Polina Manolova
Übersetzung von Loren Balhorn
Original: jacobin.de